[staying home]

(...) Diese Sucht könnte man wohl Selbstdarstellung bezeichnen und wenn man den Begriff umkehrt und den Sinn ein bisschen verdreht, dann könnte man es auch als die Suche nach Aufmerksamkeit bezeichnen. Das erklärt doch schon einiges ... warum ich z.B. heute gleich 5 Postings mache, wird sogleich ganz klar: Das Vakuum der Aufmerksamkeit ist einfach zu groß. Wenn ich meine Freizeit mit Selbstdarstellung verplempere, so muss ich doch auch zugeben, dass die Motivation vor allem im Klick auf "Verweise" liegt: Wieviele haben den Artikel nun auch gelesen? Wieso kommen denn Fotos auf Flickr? - Weil ich dort ganz genau weiß, wieviele Menschen sie auch gesehen haben. Ja. Es geht also - Hand aufs Herz - um die Hits, die Trefferquote, die virtuelle Befriedigung von Aufmerksamkeit: Es geht um das gesehen werden. Warum ist dies so wichtig? (...)
nun mag das ja stimmen. wen interessiert es aber, wenn er/sie ein blog abonniert hat ? sauseschritt ist sich nicht sicher, ob ranking (und sei es auch pseudowissenschaftliches) mittelfristig von wert ist. besser ein gscheiter kommentar als 10 pseudos. oder? warum immer in diesem bescheuerten wettbewerb leben? vor sich hindenken ist doch auch was tolles ! jedenfalls, und jetzt ist sauseschritt beruhigt, hat er schoenswetter wieder ein paar referrers besorgt.

(...) High status has almost always translated into reproductive success, not just in the animal world, but for humans, too. This phenomenon started back in our hunter-gatherer days, when the men who brought home the most meat won the most mates, and it has continued up through the likes of J. Paul Getty and Donald Trump. Betzig's research piled up historical examples, including extreme cases such as the Aztec strongman Montezuma, said to have kept 4,000 concubines, and a Chinese emperor whose harem numbered in the tens of thousands. On a lesser scale, the big houses of the British countryside before World War I often accommodated 10 to 20 servants, who were typically young, female and single. "Housemaid Heights," Betzig argues, functioned as a de facto harem for upper-class males. Thus an 1883 investigation in Scotland found that domestic servants accounted for almost half of out-of-wedlock births (...)


noch vor wenigen jahren war das coole blog meist ein gegenentwurf zum naiven design der privaten websites. klarheit war gefragt, so als ob der rasche blick auf die sich zu langsam ladende seite nicht durch die unklarheit der eigenen handschrift behindert werden sollte. klarheit, ja! klarheit. auch wenn die inhalte sehr oft den mobiltelefongesprächen in der metro ähnelten: das private in den öffentlichen raum gestellt, anbiedernd, narzistisch, unangenehm. und vor allem: uninteressant.
web 2.0. hat uns allen eine reihe von applikationen beschert, die heute unsere blogs zur unwägbaren überraschung mutiert haben: was passiert, wenn ich hier klicke? eine gewisse überlastung des blickes herrscht vor: die vielfalt ist wieder in und der widgets sind viele.
auch die eigene handschrift kommt zurück in die kalte welt flimmernder elektronen: eine tendenz, die sich auch am comics markt nachverfolgen läßt. wenn also das blog einem comic näher steht als einem buch, warum sollte die handschrift nicht auch regelmäßig gepostet werden?
tatsächlich, blogger/innen schreiben per hand, manchmal ausnahmsweise und unentschieden, manchmal fast schon regelmäßig. letztendlich mag dies auch eine gute übung gegen den verlust der handschrift sein.

nun hat herr gibson nicht nur einen sehr ansprechenden webauftritt (blog included). sein neuer roman ruft heftigstes blätterrauschen hervor und die kritiken sind durchaus ansprechend, zumindest jene von telepolis (GERM), auf die sauseschritt via adresscomptoir aufmerksam gemacht wurde. warum also nicht, den neuen roman lesen? für die, die gerne nur zuhören, es gibt spook country bei audible auch als hörbuch, allerdings einstweilen nur in englischer sprache.
lieber folgt sauseschritt nun doch der nummernforschung und adresscomptoir bietet hier einiges: abseits des mainstreams, klug und informativ. das, was alle haben, wirkt platt, das, was wenige sehen, interessant. merci, adresscomptoir!

diesmal jarhead (ENG) - das ende der unschuld. der film, der sich im kleid einer bitteren kriegsparodie präsentiert, erinnert in manchen sequenzen stark an m.a.s.h.. er zitiert eine reihe anderer kriegsfilme (etwa deer hunter (ENG) oder apocalypse now (ENG)) und reflektiert so auch amerikas vietnam trauma. in einer "totally twisted world" kann dieses nicht einmal mehr durch den ersten golfkrieg (und alle weiteren) überwunden werden. Nichts ist mehr, wie es einstmals war: die leichenberge zwar vorhanden, aber de betrachtern seltsam entrückt. als am ende des fims, bei der üblichen siegesparade, ein ehemaliger vietnam-veteran und der held dieses films aufeinandertreffen, hat der scharfschütze von jarhead (ebenso wie seine kameraden) keinen treffer vorzuweisen. der krieg ist an die grenzen seiner absurdidät gelangt: er benötigt den archaischen kämpfer nicht mehr. das macht ihn nicht weniger grausam: das gegenteil ist der fall.
lawrence weschler hat in lettre international (GERM) eine großartigen reflexion über die funktion von antikriegsfilmen vorgelegt. er stellt jarhead in die tradition der kritischen kriegsfilme aus hollywood und kommt zu sehr ernüchternden ergebnissen:
(...) ANFANG 2003, etwas über zehn Jahre nach dem Ende des ersten Golfkrieges – also des kurzen, schnellen, sauberen, klaren und ach so schmerzlosen und moralisch überlegenen –, und schon auf der Schwelle dessen, was rasch der unausweichlich erscheinende Beginn seiner weit komplizierteren Fortsetzung werden sollte, veröffentlichte Anthony Swofford, ein ehemaliger Marine-Scharfschütze in jenem ersten Konflikt, den mitreißenden, düsteren Bericht seiner Erlebnisse auf dem kuwaitischen Kriegsschauplatz Anfang der neunziger Jahre – eine bittere Anklage, bar aller Illusionen oder billiger Tröstungen. Von allen Enthüllungen in Swoffords lebhafter Chronik stand eine der aufwühlendsten gleich am Anfang des Buchs. Er beschreibt, wie Marines, kurz bevor sie in die Schlacht geschickt werden, sich in einen ekstatischen Bereitschaftszustand puschten, indem sie sich Videos über frühere Kriege ansahen, insbesondere Kampfszenen aus einigen der härtesten Vietnamfilme – Filmen, denen wirklich jede Illusion, jeder Trost genommen war –, beispielsweise Robert Duvalls berühmten und blutigen Hubschrauberangriff mit dem „Walkürenritt“ als Begleitmusik in Francis Ford Coppolas Apocalypse Now (...)