nicht an einem sonntag: es war an einem freitag abend, als wir im restaurant des hotel dubrovnik in zagreb saßen und über unsere erfahrungen mit den wilden sechzigern/siebzigern sprachen. menschen wie sauseschritt hatten die zeit in der behaglichkeit kreiskyscher reformen verbracht, andere wiederum wieder in der kälte des siechenden kommunismus polnischer oder rumänischer prägung. dementsprechend unterschiedlich war unsere perspektive hinsichtlich der individuellen aneignung des marxismus. die diskussion war, wie zu erwarten, äußerst emotional und voll von mißverständnissen. eine gute diskussion, denn wir hörten einander zu.
dann berichtet sauseschritt von seiner gegenwärtigen lektüre:
jorge sempruns "was für ein schöner sonntag" und da niemand in der runde zu erkennen gab, daß ihm/ihr der autor oder das buch bekannt sei, schloß sauseschritt eine kleine inhaltsangabe und evaluation an. denn wichtig war zu sagen, dass die intellektuelle redlichkeit des autors in seiner auseinandersetzung mit faschismus und stalinismus eine selten zu findende sei: der ehemalige kz häftling und führende funktionär der kommunistischen partei spaniens setze sich in der aera des franco regimes mit den folgen des gulag auseinander - radikal, offen und verantwortungsvoll.
das sei bewundernswert und verdiene unsere hochachtung, schließt sauseschritt seine kleine rede. und dann fällt der blick auf die fast erschrockene miene des kollegen aus polen: wieviel hätte wohl er zu erzählen? und könnte er dies? wie frei sprechen wir uns, die im warmen aufgewachsen sind und die revolution als interessanten zeitvertreib betrieben haben. die geschichte,
das kommt und geht im gedächtnis, es ist zum verrücktwerden, meint jorge semprun.
moncay [Mi, 23.02.2005] - category:
jubeloesterreich 2005
zwar ein paar Jahre jünger, aber trotzdem genug Geschichte miterlebt. Die 80er waren ja auch nicht ganz ohne. Interessant immer wieder der Austausch mit gleichaltrigen Freunden vom Balkan. So gleich und doch so anders aufgewachsen. Die Hoffnungen und Träume waren doch dieselben. Nur wurden unsere Weichen unterschiedlich gestellt. Natürlich nicht weniger spannend das Ganze im eigenen wiedervereinigten Land.