welu petu mogelein - wir leben noch: so titelt die erste ausgabe der monatszeitschrift AZkintuWE, die ich am busterminal erwerbe. nicht nur die wandbeschriftungen (etwa: libertad a los presos politicos zeigen vom politischen selbstbewusstsein der mapuche. seit 2002 verfügt die bewegung auch über eine website, den mapuche international link.
auch das museo regional de araucania, das am stadtrand von temuco liegt, ist längst von einem betulichen konservator von artefakten aus der vergangenheit zu einem modernen, sozialhistorisch bedeutsamen und gegenwartsbezogenen museum (zumindest im erdgeschoss des gebäudes) geworden. am eingang des museums die tafel, in der nicht nur kurse zur textilen gestaltung und zum instrumentenbau, aber auch zur sprache der mapuche angeboten werden. mit uns als besucher eine gruppe von jugendlichen mit ihrer lehrerin. es entwickelt sich ein frage - antwortspiel zwischen der museumspädagogin und den manchmal überforderten schüler/inne/n: geschichte, riten und lebensverhältnisse der groß- und urgroßeltern werden thematisiert und abgefragt. in einer nachgebauten hütte der mapuche sitzend, räsonniert die lehrerin vor ihren schüler/inne/n über das selbstwertgefühl der mapuche. warum es denn so sei, dass jeder denke, die mapuche seien nicht imstande, so zu lernen und zu studieren wie alle anderen? während einer der jugendlichen dadurch auffällt, dass er fast alle fragen zur allgemeinen zufriedenheit der beiden erwachsenen beantworten kann, blickt ein anderer gelangweilt, aber schüchtern um sich. kann so identitätsbildung vonstatten gehen?
tage später, in valdivia, besuchen wir die casa anwandter, die ebenfalls in ein museum umgewandelt wurde. ich weiss nicht, wie die gegenwärtige bewegung der mapuche darüber denkt, dass in dem ehemaligen anwesen eines der bedeutendsten gründer der deutschen siedlerbewegung in araukanien auch ihr volk ausgestellt wird: unverbunden übereinander die befindlichkeit deutschen familiensinns und handwerksprodukte der mapuche. friedliches nebeneinander oder aktive verdrängung, frage ich mich. so tun, als ob die städte und siedlungen der region nie auf dem blut und der kolonisatoren und kolonisierten aufgebaut wurden. ist das die essenz der multikulturellen gesellschaft, die ich an den gesichtern der bevölkerung valdivias ablesen kann?
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