... erwartet uns eine junge frau und erklärt uns das touristische angebot der estancia: das museo acatushun, die pinguininsel yecapasela (die ebenfalls zum eigentum der estancia gehört) und eine führung durch die farm. der geführte rundgang ist deprimierend: die meisten schafe wurden bereits verkauft und von den rund 2500 schafen, die noch vor 15 jahren die weiden bevölkerten, sind heute nur mehr 50 übriggeblieben. ein einstmals blühendes unternehmen, nunmehr fast zu einem museum verkommen. man lebt hier von der vergangenheit und den touristen, die sich nach einer zweistündigen fahrt an diesen einsamen flecken erde am beagle kanal verirren. nur mehr vier personen leben ständig hier, im sommer kommen einige fremdenführer/innen hinzu, wie die junge frau uns versichert. im prospekt lesen wir die affirmative geschichte habertons:
harberton was founded by thomas bridges and his wife, mary ann varder, in 1886. he, an orphan, found on a bridge in england in about 1844, was adopted by an anglican missionary. at the age of 13 he traveled with his family to keppel island in the falklands (malvinas) to work with the natives of tierra del fuego. by the time of his first trip to tierra del fuego, in 1963 at age 21, he could converse in the yahgan language. he began the anglican mission in ushuaia in 1870, brought his wife in 1971 and was the first european to live successfully in tierre del fuego. he is vonsidered by many the "father of tierra del fuego".
after 30 years with the mission, in 1886 he received a donation of land from the argentine congress and came to live at harberton with his wife, sister in law and six fuegian children. the farm is named for his wife?s native village in devon, england. harberton is the oldest farm and was the first productive enterprise in tierra del fuego. it?s story is told in the fascinating book "uttermost part of the earth by his son e. lucal bridges".
haberton is not an elegant, model estancia. it is a simple one, which maintains its late 1880s style, with its original wood frame buildings covered with corrugated iron, its weathered grey fences, its sea wall and terraces of native stone.
today the estancia belongs to the grandchildren of bridges?sons lucas and will and is managed by a great-grandson, thomas d. goodall. members of the fourth, fifth and sixth generations of the bridges family live in the original house, the oldest in tierra del fuego.
the estancia was opened to the public in 1980 via a guided walking tour. in 1999, the oldest buildings and the stone piers were declared an argentine national historic monument. in 2001, two old buildings were remodeled as guest houses for visitors who want to stay longer at harberton.
und wir folgen den worten einer argentinischen studentin, die sich in den ferien als fremdenführerin verdingt hat. ihre bemerkung, auch die gegenwärtige generation der besitzer der estancia hätte trotz argentinischer staatsbürgerschaft ihre alten (britischen) lebensgewohnheiten beibehalten, lässt mich stutzig werden. und e. meint, an der geschichte von thomas bridges und seiner nachkommen ließe sich ausgezeichnet zeigen, wie verwickelt und vielschichtig die genese von identität bei einwanderern in dieser region gewesen sein mochte.
ABGESANG ZU FEUERLAND:
der "vater feuerlands", wie der zitierte prospekt den missionar, sprachforscher und grossgrundbesitzer thomas bridges stolz tituliert, begleitet die von ihm angetroffenen "wilden kinder" in die von seinesgleichen in kauf genommene auslöschung eines gesamten volkes, nicht ohne ihre sprache zu lernen und in weiterer folge ein umfangreiches wörterbuch zusammenzustellen. und er ist, wie es ihm seine religion zu befehlen scheint, ihr liturgischer begleiter bei geburt, leben und tod. er macht sich zum akribischen chronisten ihrer auslöschung: 1000 yamana (1884), 397 yamana (1886), 110 yamana (1897) und 45 überlebende im jahr 1925. auf dem kleinen friedhof, der etwas abseits auf einem hügel liegt und von dem man zwei eindrucksvolle buchten überblicken kann, begräbt er seine indigenen hausangestellten im kreise der familie, so als müsste er die schützlinge selbst im tod noch vor der außenwelt bewahren.
auch die generationen später eingeheiratete jane gouddall beschäftigt sich auf akribische weise mit feuerland. jahrzehnte nach dem tod von thomas legt sie eine umfangreiche bestandsaufnahme der flora und fauna feuerlands vor, in einer zeit, in der schafe durch die verletzungen der ozonschicht unserer erde in diesen gegenden bereits durch das gleissende sonnenlicht erblinden. ein abgesag an eine natur, die längst dem untergang preisgegeben ist. den weg zur estancia säumen ausgebleichte baumstämme, die von importierten bibern gefällt wurden und nun die wälder verwüsten. wir haben erfahren, dass in diesen gegenden abgestorbene bäume rund dreihundert jahre benötigen, um zu humus zu werden. verhindern kälte und die unberechenbarkeit des wetters den massentourismus am sogenannten ende der welt? wird die akribische erschließung der fauna und flora für die touristen dieser welt zum weiteren baustein einer kolonialgeschichte? mit entsetzen lese ich in diesen tagen in teuer aufgemachten prospekten von reisen in die ökologisch so sensible antarktis. die ausbeutung dieser ökologisch hochsensiblen region für den hochpreistourismus nennt sich hier skurril tourismo alternativo antartida
und noch ein drittes mitglied der familie hat sich schriftstellerisch betätigt. das 1948 von esteban lucas bridges herausgebrachte buch zur geschichte der estancia wurde zwar in den achtzigerjahren neu aufgelegt, ist aber schon längst wieder vergriffen. genauso, wie es diese estancia nur dem namen nach noch gibt, ihre ursprüngliche funktion aber schon seit jahren verloren hat. das erste weiße produktionsunternehmen auf feuerland gibt es nicht mehr und selbst der rettungsversuch durch die öffnung für den tourismus kann bislang als gescheitert betrachtet werden. der hauptstrom der touristen, die in ushuaia den kitzel genießen wollen, ans "ende der welt" gelangt zu sein, zieht es in den nationalpark, auf den beagle kanal oder den gletscher martial. in unmittelbarer nähe der estancia liegen erst vor kurzem errichtete cabanas mit allem üblichen komfort. mit diesem kann die estancia sicher nicht konkurrieren.
als wir nach der mit viel jugendlicher begeisterung gestalteten führung durch die estancia in der confiteria manacatush mit englischem gebäck (ginger cookies, lemon pie) und tee uns aufzuwärmen versuchen, blättern wir in zwei dicken ordnern mit zeitungsausschnitten über die estancia. national geographic, geo und andere magazine schienen eine zeitlang die estancia am ande der welt zu lieben. neuere berichte gibt es keine. während wir in einem der bände interessiert blättern, sehen wir am nachbartisch einen der dougalls. ich kann nicht umhin, ihm beim abschied die hand zu geben, so sehr fühle ich mich als neugieriger eindringling an diesem ort, dem keine/r mehr helfen will.
[jane gouddal ....]
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