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während hitler im herbst 1941 die deutschen truppen anwies, die stadt nicht zu stürmen sondern auszuhungern, um die bevölkerung leningrads nicht in diesem und in den darauffolgenden wintern ernähren zu müssen, lukrierte die offizielle sowjetische propaganda aus dem tod von mehr als einer million leningradern den mythos vom heldenhaften abwehrkampf im grossen vaterländischen krieg. der autor des zeit artikels bemerkt richtig:
in deutschland war vom schicksal leningrads nach kriegsende nicht mehr oft die rede. bis heute gelten hierzulande stalingrad, dresden oder hiroshima als die grössten "stadtkatastrophen" des zweiten weltkriegs. dabei fielen der blockade mindestens eine million leningrader zum opfer, das sind doppelt so viele zivilisten, wie deutschland ewährend des gesamten krieges durch die luftangriffe umkamen (...)
immer noch folgt die russische geschichtsschreibung der sowjetischen in der behauptung, die rote armee habe in einem heroischen abwehrkampf die wehrmacht vor den toren der stadt zum stehen gebracht. beharrlich blendet diese sichtweise aus, dass die wehrmacht schon bald nicht mehr darauf aus war, leningrad zu erobern, sondern seine einwohner sterben zu lassen. so decken die legenden der opfer die zähllebigen lügen der täter.
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die legenden der opfer decken die zählebigen lügen der täter - und die nachwelt schweigt und vergisst. mit der blockade leningrads ist auch ein persönliches erlebnis im rahmen einer russisch -österreichischen geschichtsveranstaltung einer universität in st. petersburg verbunden. ich hatte mich während meiner rede auf die blockade bezogen und aus den historischen ereignissen die notwendigkeit einer engen bilateralen zusammenarbeit in der gegenwart abgeleitet. der damalige österreichische honorarkonsul nahm meine ausführungen zur österreichischen mitbeteiligung an den verbrechen, die dieser stadt und seinen familien zugefügt worden waren, sowie meine äußerungen zur notwendigkeit der aufarbeitung unserer vergangenheit zum anlass, mich in meiner geschichtsauffassung und das publikum in seinen erfahrungen brüsk zu korrigieren. seine ausführungen zu den sowjetischen kriegsverbrechen waren an dieser stelle nicht nur unnötig und falsch, sondern widersprachen auch den einfachsten regeln diplomatischer etiquette. um die situation während des festaktes an der universität nicht eskalieren zu lassen, schwieg ich. auch die russischen gäste gingen auf das thema aus höflichkeit nicht ein.
ich lernte daraus, dass es nur sehr selten erlaubt ist, einen öffentlichen reflexionsprozess über die grausamkeit des krieges zu beginnen; auch wenn die anlässe mehr als 50 jahre zurückliegen und die gesprächsteilnehmer nicht daran beteiligt waren. aber ist das schweigen der nachkommen die lösung ?
wer st. petersburg ein wenig abseits des kitsches besuchen will, sei deshalb der besuch des
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[erinnerungen ....]