a virtual project on alexander von humboldt is still in progress; nevetheless a first insight is possible. alexander von humboldt online.
ärgerlich, dass der beitrag von norbert rehrmann im aktuellen lettre international 65 nicht online verfügbar war, denn er ist gewiss lesenswert, zumindest für ein forum wie dieses. schon der untertitel gibt die richtung an: alexander von humboldt und der mythos eines inferioren amerika.nicht nur, dass sauseschritt hier erstmals von der wortsneuschöfung "ortspolygamist" gelesen hat. verheiratet mit verschiedenen orten der welt zu sein - wer von uns könnte dies mit gutem gewissen verneinen. unverbesserliche ortspolygamisten, eben!
doch zurück zum text: der blick auf die jahrhunderte lang postulierte inferiorität des doppelkontinents amerika ist ein eurozentristischer, jedoch überrascht er, auch angesichts der borniertheit und aggressivität des gegenwärtigen imperiums der usa. doch wie meinte einst noch immanuel kant in entwaffnender unbedarftheit:
das volk der amerikaner nimmt keine bildung an. es hat keine triebfedern; denn es fehlen ihm affect und leidenschaft. sie sind nicht verliebt, daher sind sie auch nicht fruchtbar. sie sprechen fast gar nichts, liebkosen einander nicht, sorgen auch für nichts und sind faul.
als eurozentristische denkwürdigkeiten bezeichnet rehrmann die phantasien und voreingenommen der europäischen wissenschaft des 18. jahrhunderts. und als sauseschritt die vielfältigen belege der borniertheit und omnipotenzphantasien der europäischen welt liest, vermag er/sie selbst auf die brutalität und gewissenlosigkeit der europäischen siedler auf dem amerikanischen kontinent zu begreifen. der unfaßbare umgang mit den menschlichen und natürlichen ressourcen eines gesamten kontinents findet auch seinen schönfärberischen ausdruck bei einem anderen philospohen, nämlich hegel: von amerika und seiner kultur, wie sie namentlich in mexico und peru sich ausgebildet hatte, haben wir zwar nachrichten, aber bloß die, daß dieselbe eine ganz natürliche war, die untergehen mußte, sowie der geist sich ihr näherte. (wenn nämlich) einst die fast unarticulierten töne entarteter menschen durch die wälder brasiliens nicht mehr erschallen, (dann werden) auch viele der gefiederten sänger verfeinerte melodien hervorbringen. nun, der geist des kapitalismus hatte sich letztendlich dem amerikanischen kontinent genähert und den doppelkontinent in zwei gegensätzliche lager des spätkapitalismus zerrissen. dass alexander von humboldt in den sehr positiven berichten über seine reisen nach amerika 1799 - 1804 dem kontinent die ehre gerettet hat, macht ihn noch heute, wie rehrmann in seinem artikel ausführt, zum lateinamerikanischen mythos. was die vereinigten staaten von amerika betrifft, nahmen diese die forschungsergebnisse des wissenschafters humboldt mit befriedigung zur kenntnis; allerdings nur um sich in weiterer folge dem lateinamerikanischen subkontinent wie die europäer mit ignoranz und überheblichkeit zu gebärden. wir alle kennen die geschichte vom hinterhof amerikas!