(1) atmosphärisch:
johanna di blasi beobachtet vor ort:
Wie buchstäblich modrig das Konzept ist, verraten am augenscheinlichsten die Bataillone ausgestopfter Tiere in einem erbärmlichen konservatorischen Zustand. Schlangen haben im Laufe von 100 Jahren die Farbe vollständig verloren und kringeln sich wie monströse Maden in Konservierungsgläsern. Säugetiere, die ursprünglich der Größe nach sortiert waren, wurden in den 70er Jahren zwischen Schilf und Gras drapiert, um lebensnaher zu erscheinen. Ein Büffelkopf schaut aus dem Ried - seine fehlende Halspartie hat ein Maskenbildner ergänzt. Das Halshaar der makabren Gestalt stammt vom Haupt Tervurener Bürger, die "ihrem" Museum emphatisch verbunden sind.
was sie im königlichen museum in tervuren wahrnimmt, hat mit meinen beobachtungen im salesianer museum in punta arenas (chile) mehr als nur den zusammenhang, dass hie wie dort verfall und geschmacklosigkeit schockieren. es ist vielmehr das grauen ob der destruktivität der menschlichen verfasstheit, die sich beim durchstreifen der museen offenbart: sammlungen des entsetzens ! [mehr über die beiden museen ...] (2) historisch:
der europäische (koloniale?) mensch bedient(e) sich ungeniert der ressourcen vor ort, seien es ideen, rohstoffe, tiere oder menschen. auch hier stimmen die erfahrungen, die man/frau in tervuren, punta arenas oder ushuaia machen kann, überein. johanna di blasi setzt ihre beschreibung fort:
Anders die Afrikaner. Eine größere Gruppe ist zuletzt vor über 100 Jahren nach Tervuren gekommen, allerdings nicht als Besucher, sondern als Ausstellungsstücke. Im Park rund um die heutige Anlage ließ der König zur Weltausstellung 1897 drei Dörfer mit 267 schwarzen Männern, Frauen und Kindern anlegen: ein Flussdorf, ein Walddorf und ein zivilisiertes Dorf. Ein Jahr lang kamen über eine Million Besucher und warfen den Insassen Nahrung zu, bis schließlich Schilder das Füttern untersagten.
magellan, fitz roy, cook - alle haben sie auf ihren erkundungsfahrten in die südliche hemisphäre menschen nach europa verschleppt (oder zu verschleppen versucht), zur allgemeinen belustigung der diversen höfe und jahrmärkte. in belgien, grossbritannien, paris und anderswo. [mehr dazu ...]
fitz roy und die verschleppung von indigenen, wandmalerei in einer ehemaligen gefängniszelle im presidio in ushuaia